„Wie sind Ihre Eltern und Lehrer im Nationalsozialismus mit Ihnen umgegangen? Wie haben Sie die Evakuierung aus Mönchengladbach 1944 erlebt? Kannten Sie jüdische Mitbürger?“ – Diese und viele weitere Fragen stellten die Schülerinnen und Schüler des Geschichtskurses der Jahrgangsstufe Q2 in dieser Woche einem Zeitzeugen: Matthias Wirth, der auch für den vor kurzem von der Mönchengladbacher Autorin Sabine Schwiers herausgegebenen Band „Gedankensteine“ interviewt wurde, stand den Kursteilnehmern sowie einigen interessierten Besuchern eine Stunde lang Rede und Antwort. Seine Enkelin Jessica hatte im Vorfeld den Kontakt hergestellt.
Herr Wirth, Jahrgang 1929, berichtete offen über seine Schulzeit im Dritten Reich, brachte sogar ein Zeugnis mit, das er Anfang der 40er-Jahre am Humanistischen Gymnasium erhalten hatte. Anhand von Fotos konnten die Lernenden verschiedene Lebensstationen des Mönchengladbachers nachvollziehen. Die Schülerinnen und Schüler lauschten gespannt den Anekdoten des heute 84-Jährigen und scheuten sich nicht Fragen zu stellen. Mit hoher Authentizität schilderte der Gast die Emigration des jüdischen Kinderarztes Dr. Eichelberg, die Evakuierung der Familie nach Halberstadt und den Abschied vom Vater. Von dem Tod des Wellensittichs, den der jüngere Bruder zunächst aus dem zerstörten Haus im Stadtteil Pesch gerettet hatte, bei der Rückkehr aus der sowjetisch besetzten Zone erzählte Herr Wirth noch nach dem Schellen detailreich und emotional.
Für die Schülerinnen und Schüler war dies eine Geschichtsstunde der besonderen Art, die keiner der Anwesenden so schnell vergessen wird. Die Kursmitglieder und Besucher waren gefesselt und so begeistert, dass sie den Zeitzeugen bereits zu einer Fortsetzung der Veranstaltung im Januar eingeladen haben.
Regina Hollaus